Ayurveda Geschmacksrichtungen – So schmeckt gesund

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Essen soll schmecken und gesund sein. Was vielen wie ein Widerspruch klingen mag, ist im Ayurveda nicht ohne einander zu denken. Lerne, wie der Geschmack deine Doshas beeinflusst, welche Ayurveda-Geschmacksrichtungen es gibt
und warum dein Appetit dich in die Irre führen kann.

Abgesehen von dem „Wie und Was“ des Essens, spielt im Ayurveda auch der Geschmack jeder Mahlzeit eine wichtige Rolle. Schließlich macht Essen nur so richtig Spaß und zufrieden, wenn es auch schmeckt.

Laut Ayurveda-Ernährung ist die Voraussetzung für eine rundum gesunde Ernährung, dass jede Mahlzeit alle Geschmacksrichtungen enthält. Ansonsten tritt keine richtige Sättigung ein. Die Folge sind Heißhungerattacken und latente Unzufriedenheit.

Im Westen kannte man bisher nur fünf Geschmacksrichtungen: Süß, sauer, salzig, bitter und umami (herzhaft). Mittlerweile wird auch fettig als ein weiterer Geschmack diskutiert (oleogustas).

Im Ayurveda gibt es seit jeher sechs Geschmacksrichtungen (Rasa). Jeder Geschmack hat verschiedene Einflüsse auf Körper und Geist. Geschmäcker können sogar unterschiedlichste emotionale Zustände bewirken. Das beste Beispiel ist wohl Schokolade: Die Kombination von Zucker und Fett aktiviert das Belohnungszentrum unseres Gehirns und macht glücklich.

Was sind die 6 Geschmacksrichtungen im Ayurveda?

Die sechs traditionellen Geschmacksrichtungen (Rasa) unterscheiden sich von denen, die wir im Westen kennen. Sie lauten:

  1. Süß (Madhura)
  2. Sauer (Amla)
  3. Salzig (Lavana)
  4. Scharf (Katu)
  5. Bitter (Tikta)
  6. Herb/Zusammenziehend (Kashaya)

Geschmack im Ayurveda – Initiator der Verdauung

Um die Relevanz der Ayurveda-Geschmacksrichtungen zu verstehen, lohnt sich ein Blick, auf die Funktionsweise des Geschmackssinnes. Die Geschmacksknospen nehmen zunächst die einzelnen Geschmäcke auf der Zunge wahr. Anschließend senden sie dem Gehirn ein entsprechendes Signal darüber. Nachdem das Gehirn verarbeitet hat, was für ein Lebensmittel mit welchen Eigenschaften zu erwarten ist, bereitet es unsere Verdauung genau darauf vor.

Einerseits stellt dein Körper so sicher, dass alle Nährstoffe aufgenommen werden und dein Gewebe (Dhatus) mit allem versorgt wird, was es braucht. Andererseits beeinflusst der Geschmack direkt die Verdauung und auch die Doshas. So wirkt sich die jeweilige Geschmacksrichtung auch auf deine individuelle Auyurveda-Konstitution aus.

Gut zu wissen: Genau wegen des Geschmacks sind Heilkräuter in ihrer natürlichen Form besser als zu Tabletten gepresste Kräuter. Nur, wenn du auf der Zunge die Bitterstoffe der Kräuter spürst, können sie vollumfänglich ihre Wirksamkeit entfalten. Mehr über das Potential und den grundlegenden Einsatz erkläre ich im Artikel „Das Potenzial von Kräutern und Gewürzen im Ayurveda.

Vipaka – die Biochemie der Ayurveda-Geschmacksrichtungen

Neben dem Geschmack, den du beim Essen aktiv schmeckst, kennt die ayurvedischen Ernährung auch den „Geschmack nach der Verdauung“ (Vipaka). Vipaka bestimmt mit darüber, wie sich ein Lebensmittel auf die Balance deiner Doshas auswirkt.

Anders als die Geschmäcker, die Zunge und Gehirn erfassen, kennt Vipaka nur 3 Geschmacksrichtungen: süß, sauer und scharf. Die Wahrnehmung dieser Geschmäcker findet auf der subtilen Körperebene statt und beschreibt den Einfluss, den das bereits verdaute Lebensmittel auf dein Gewebe hat.

Dabei kann sich Vipaka durchaus vom Zungenschmack unterscheiden. So kennst du beispielsweise Bananen als süß – ihr Vipaka ist aber sauer.

Die 6 Ayurveda-Geschmacksrichtungen und ihre Wirkung

Die Ayurveda-Ernährung ordnet die Geschmäcker und ihre Eigenschaften den fünf Elementen Raum, Luft, Feuer, Wasser und Erde zu. Je nachdem, welche Eigenschaften sie vereinen, haben sie wiederum eine verstärkende oder besänftigende Wirkung auf die Doshas Vata, Pitta und Kapha.

Das heißt: Durch die Wahl der jeweiligen Ayurveda-Geschmacksrichtungen in unserer Nahrung können wir unsere Doshas ins oder aus dem Gleichgewicht bringen. Das beeinflusst direkt unser körperliches und mentales Befinden.

1. Süß – Erde und Wasser

Aus ernährungswissenschaftlicher Perspektive steht das Süße für Energie. Kohlenhydratreiche Lebensmittel sind oft süß. Sie liefern uns verschiedene Formen von Zucker, die dem Körper direkt verwertbare Energie liefern.

Eigenschaften:

  • besänftigend
  • kühlend
  • schwer

Lebensmittel:

  • kohlenhydratreiche Lebensmittel
  • etwa Brot, Teigwaren, Reis, Zucker, Ghee, Datteln

Gut zu wissen:
Zu viel süß in der Ernährung kann Störungen wie Erkältungen, Trägheit und Gewichtszunahme bewirken.

2. Sauer – Erde und Feuer

Die Wahrnehmung von Geschmack erfolgt je nach Geschmacksrichtung unterschiedlich. Bei sauren Geschmäckern funktioniert das über eine ionotrope Verbindung. Heißt, die Ionen der Lebensmittel wirken direkt auf Teile der Geschmackszellen ein. Im Falle des sauren Geschmacks werden dadurch unter anderem Appetit, Speichelförderung und Verdauung angeregt.

Eigenschaften:

  • appetitanregend
  • förderlich für Speichelproduktion und Verdauung

Lebensmittel:

  • Zitrus- und Beerenfrüchte
  • Essig
  • sauer vergorene Produkte

Gut zu wissen:
Heißes Zitronenwasser am Morgen ist ein wahrer Verdauungsbooster. Zu viel sauer in der Ernährung kann aber auch zu starkem Durst, Sodbrennen und Hautentzündungen führen.

3. Salzig – Wasser und Feuer

Salz ist besonders für Sportler ein wichtiger Lieferant von Elektrolyten. Salz selbst hat kein Aroma, das heißt, es erinnert an kein Lebensmittel, sondern ist schlicht salzig. Im Gegensatz zu Aromen, die im Mund-Rachen-Raum wahrgenommen werden, wirkt Salz direkt auf der Zunge.

Eigenschaften:

  • erhitzend
  • schwer
  • ölig
  • verdauungsfördernd
  • regulierend für das Elektrolytgleichgewicht
  • hilft bei der Ausscheidung von Abfallstoffen

Lebensmittel:

  • alle Arten von Salz
  • Algen
  • Meeresfrüchte

Gut zu wissen:
Im Ayurveda wird die Verwendung von Steinsalz empfohlen, da es eine mildere Wirkung auf die Doshas hat.
Salz sollten wir immer sparsam einsetzen, denn ein Übermaß macht durstig, vermehrt Wassereinlagerung im Körper, macht das Blut dick, führt zu Bluthochdruck und kann zu Haarausfall und Hautproblemen führen.

4. Scharf – Feuer und Luft

Schauen wir uns den scharfen Geschmack aus ernährungswissenschaftlicher Perspektive an, dann stellen wir fest, dass er von sekundären Pflanzenstoffen wie z.B. den Senfölglykosiden gebildet wird.

Eigenschaften:

  • verdauungsfördernd
  • anregend für die Blutzirkulation
  • schleimlösend
  • bekämpft Krankheitserreger

Lebensmittel:

  • Rettich
  • Knoblauch, Zwiebeln
  • Chili
  • Ingwer, Chili
  • Senf, Pfeffer

Gut zu wissen:
Zu viel vom scharfen Geschmack kann jedoch Sodbrennen, Durchfall, Hitzewallungen, Schwindel, Schlaflosigkeit und Erschöpfung hervorrufen.
In der Schwangerschaft solltest du scharfes Essen in jedem Fall vermeiden, weil es vorzeitig Wehen auslösen kann.

5. Bitter – Luft und Raum

Leider ist der bittere Geschmack zu einer Seltenheit geworden. Da viele Menschen Bitterstoffe als unangenehm wahrnehmen werden sie von der Industrie aus den entsprechenden Gemüsesorten herausgezüchtet. Dabei sind Bitterstoffe super gesund. Je nach enthaltenem Bitterstoff können die Fettverbrennung sowie die Produktion von Speichel und Magensäure angeregt werden. Das wirkt sich wiederum positiv auf die Verdauung aus.

Eigenschaften:

  • trocken
  • kühl & leicht
  • anregend für Galle und Leber
  • unterstützend für den Magen
  • lindert Juckreiz und Hautprobleme

Lebensmittel:

  • Chicorée, Radicchio
  • Kurkuma
  • Löwenzahn
  • Kaffee

Gut zu wissen:
Bitter sollte immer sparsam verwendet werden. Überdosiert kann dieser Geschmack die Gewebe schwächen und zu Trockenheit, Auszehrung und Müdigkeit führen.

6. Herb/zusammenziehend/adstringierend – Luft und Erde

Die mit dem herben Geschmack kommenden Tannine lassen uns den Mund zusammenziehen, betäuben die Zunge und verengen den Rachenraum. Das klingt erst einmal unangenehmen, hat aber seine positiven Seiten. Die sekundären Pflanzenstoffe haben eine starke antioxidative Wirkung und setzen sich gegen unter anderem gegen schädliche Viren, Bakterien und Pilze zur Wehr.

Eigenschaften:

  • kühl
  • trocken
  • schwer

Lebensmittel:

  • Kichererbsen
  • grüne Bohnen
  • Granatäpel
  • unreife Bananen
  • Pflanzen mit einem hohen Anteil an Gerbstoffen

Gut zu wissen:
Im Übermaß bewirkt herber Geschmack Trockenheit im Mund, Verstopfungen, Blähungen und kann Auszehrung auslösen.

Welche Ayurveda-Geschmacksrichtung passt zu welchem Konstitutionstyp?

Falls deine Doshas gut balanciert sind, kannst du einfach deinem Appetit vertrauen: Bei einer ausgeglichenen Konstitution bevorzugt jeder Dosha-Typ intuitiv die für ihn geeigneten Geschmäcker.

Leider funktioniert das auch andersherum: Sind deine Energien unausgeglichen, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass du genau zu den Lebensmitteln greifst, die das bereits dominierende Dosha noch verstärken. Heißhunger, Fast Food, Frittiertes oder Süßes sind hier wohl die bekanntesten Beispiele.

Welcher Ayurveda Geschmack zu dir passt, hängt also immer auch von dem Gleichgewicht deiner Doshas ab.

Dennoch lassen sich folgende Grundempfehlungen geben:

  • Vata: süß, sauer und salzig
  • Pitta: süß, bitter, zusammenziehend
  • Kapha: scharf, bitter, zusammenziehend

In meiner Rezeptdatenbank habe ich verschiedene Rezepte für die jeweiligen Doshas zusammengestellt. Die berücksichtigen auch die passenden Geschmäcker. Filtere einfach in meiner Rezeptdatenbank nach deinem Dosha, deinen Ernährungspräferenzen und anderen Kriterien und finde ganz einfach die richtigen Rezepte für dich.

Ayurveda-Geschmacksrichtungen bestimmen, wie du dich fühlst

Wenn du verstehen möchtest, wie eine Mahlzeit auf dich wirkt, analysiere einfach ihre Geschmacksrichtungen:

  • Welcher Geschmack ist vorherrschend?
  • Welche Eigenschaften hat der vorherrschende Geschmack?
  • Sind alle Geschmäcker vertreten? Falls nein, welcher fehlt? Kannst du ihn ergänzen?
  • Passt diese Geschmackskonstellation zu deinem Konstitutionstyp?

Fazit: Die Wahl des richtigen Geschmacks ist ein entscheidender Schritt auf deinem Weg zu mehr Wohlbefinden und intuitivem Essen.

 

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